Warum ist mir immer nach protestieren zu Mute? Warum habe ich immer den Mut, zu protestieren?
Ich protestiere mit Lautstärke, mit Kraft, mit Sicherheit, weil meine Forderungen keine sind, die ablaufen. Ich weiß nicht, was kommt, ich weiß nicht, wie die Welt in vierzig Jahren aussehen wird. Ich tausche ein Wort: es gibt Dinge, für die protestiere ich. Es geht nicht um ein anti-alles, es geht ein für-alles oder ein für-alle. Und gott-sei-dank, wörtlich gott-sei-dank, protestiere ich noch. Gott sei Dank, protestieren in diesen Zeiten noch welche. Rentner*innen, die in einer Bewegung lebten, in der der Protest mal so zuckersüß und radikal und vor allem frei war und junge Menschen, die das für-alle praktisch werden lassen und in einer lebenswerten, ja lebenserhaltenden Welt leben wollen.
Zum Glück protestiere ich noch, zum Glück störe ich mich noch. Das Hinnehmen der Gegebenheiten ist heute nicht mehr Aufgabe der Kirchen (wie es einmal war), sondern viel mehr der Menschen, die vom status-quo profitieren. Die, die Welt in ihren Strukturen qua Naturgesetz erklären. Als hätte das Spiel nur eine Regel, die unumwendbar sei. Als wäre kein Spiel möglich, das für-alle ist. Mein heiliger Protest, mein Protest ruckelt daran, fest, an den Wurzeln, die sich tief und schwer auch um mein Leben ranken. Zum Glück störe ich mich noch.
Protest, aus dem, was mich transzendiert. Ein Beispiel: die Welt meint zu wissen, wer/was wie schön ist. Sie weiß genau, was Schönheit ist. Die Welt meint zu wissen, wer/was wie viel an dieser Welt und der Gesellschaft mitarbeitet. Ich bin Teil dieser Welt und natürlich ist das was schön ist, was gut ist, was wirksam ist, auch in mich, zwischen meine Synapsen, fest eingebunden worden. Und weil da hoffentlich etwas ist, was all diese Dinge transzendiert, werde ich wütend, manchmal verzweifelt, manchmal traurig. In meinem Protest verleihe ich diesen Dingen Ausdruck. In meinem, in unserem Protest ummanteln wir, das was die Welt für hässlich erklärt, mit Schönheit, mit bedingungsloser Schönheit. Und das impliziert für mich nicht nur eine geistliche Haltung, sondern wird ganz praktisch. Ich versuche ein Leben in Protest, und das oft ganz friedlich. Protest (auch wenn anders behauptet) ist nämlich viel: an geeigneter Stelle laut, kämpferisch und stark und an anderen Stellen eine sanfte, eine friedvolle Haltung. Frieden zu wollen in einer Welt voller Krieg ist Protest. Solidarität in einer Welt zu wollen, in der Konkurrenz herrscht, ist Protest. Und dieser muss und kann gar nicht nicht auf die Straße, in alle Orte getragen werden.
Zum Glück stören sich Menschen.